Laternabilder waren ab dem 19. Jhd. der erste Kontakt für Kinder mit der Welt außerhalb ihrer Stadt oder ihres Dorfes. Sie zeigten neben Märchen und lehrreichen Geschichten auch ferne Länder, Tiere und Völker, aber auch Szenen von Kriegen, die die Jungen daheim auf den heldenhaften Kampf für das jeweilige Vaterland einstimmen sollten. Bilderserien entstanden auch zu religiösen Themen und wurden wohl während des Religionsunterrichts gezeigt.
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Die Lichtbildverlage Dr. Franz Stoedtner, Berlin und Eduard Liesegang, Düsseldorf belieferten vor allem Universitäten und andere Bildungseinrichtungen mit ihrem Material, das technisch und wissenschaftlich auf dem höchsten Stand sein sollte und von Originalen abfotografiert wurde. Die Lichtbilder konnten in ganzen Serien, oder aber als Einzelbild erworben werden. Zuvor konnte man Ansichtsalben, Kataloge, oder sogar Probesendungen mit Lichtbildern einsehen.
Hier eine Originalschachtel von Stoedtner aus der Zeit von 1902-1925 mit ihrer Reihe (1 Bild fehlt) und eine Box von Liesegang mit einer kolorierten Ägyptenserie:
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Auch der Leipziger Verlag E.A. Seemann versorgte mit seinen hochqualitätiven "Seestern-Lichtbildern" vor allem Bildungseinrichtungen. Die Reihe "Bibliotheca Cosmographica" bot zu den einzelnen Diaserien detailreiche, von Universitätsprofessoren verfasste Beihefte mit Informationen an, wie auf dieser Schachtel zu lesen ist:
Restaurierung eines alten Glasdias mit U-Form-Klebestreifen:
Mit Deckglas versehene und von Hand gerahmte, sowie mit Aufschrift beklebte Glasdias waren teuer. 1905 gründete der Filmpionier Max Skladanowsky daher die Firma "Projection für Alle", deren Ziel war, Glasdias erschwinglich für (fast) jedermann zu machen. Diese Dias bestanden lediglich aus der Bildträgerplatte, und die Beschriftung war jeweils mit fotografiert worden, befand sich also auch auf dem Bildträger. Sie besaßen kein Deckglas und mussten nicht gerahmt werden. Der Nachteil: Einglasdias waren sehr empfindlich und durch das dünne Glas brüchig. Für den Viel-Gebrauch an Bildungsinstituten waren sie nicht geeignet. Ein Vortragsheft mit Informationen zu den Bildern lag jeder Serie bei.
Abfälle aus der Filmproduktion wurden in Papprähmchen gefasst und möglicherweise als Werbung für neue Filme genutzt.
Die Einzelbilder zeigen die zeittypische Filmcolorierung, bei der ganze Abschnitte von Spielfilmen unterschiedlich eingefärbt wurden.
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Ab den 1920er Jahren gab es sogenannte "Bildbänder" (Filmstreifen/Einbildstreifen), bei denen auf Abfallmaterial aus der Filmindustrie einzelne Bilder belichtet wurden.
Der "Deutsche Lichtbild Dienst", "Dr. Franz Stoedtner", "Seestern Lichtbilder vom Seemann-Verlag" und andere Verlage gaben zahlreiche Diaserien und Bildbänder zu diversen Themen heraus, die der Volksbildung dienen sollten und sich neben der Touristik auch mit aktuellen politischen oder wirtschaftlichen Themen befassten. In diesem Sinne handelte es sich zuweilen um eindeutiges Propagandamaterial, etwa, um Stimmung gegen Frankreich zu machen (an das durch den Versailler Vertrag Gebiete abgetreten werden mussten), oder um das "Deutschtum im Osten" heraus zu stellen. Auch Wirtschaftsunternehmen standen hinter Lichtbilderdiensten, wie der "Deutschen Lichtbild Gesellschaft". Nicht zuletzt bedienten sich auch Kirchen und Reiseveranstalter wie der Deutsche Lloyd des Mediums. Europäische Bildbänder befanden sich auf 35-mm-Film und konnten in Längsrichtung oder Quer (=Leicaformat) belichtet werden.
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Ein altes Bildband mit Hamburgbildern,
um 1925
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Lichtbilderdienste wie die Film-Vertriebs-Gesellschaft boten auch dem Privatmann oder Verein an, nach gelieferten Einzelvorlagen (Postkarten, Zeichnungen, Fotos...) Bildbänder herzustellen. Auf Wunsch konnten diese Bänder oder einzelne Bilder darin sogar handkoloriert werden (bzw. mit Schablonen in mehreren Durchgängen)! Die Größe der Bilder (Hälfte eines späteren Kleinbilddias) brachte es allerdings mit sich, dass diese Kolorierung nicht sehr genau sein konnte, wie oben das Bild von Damietta zeigt. 6-10 Tage dauerte die Fertigstellung eines solchen Bildbandes; die Kosten beliefen sich in den 30er Jahren auf 13,50 RM .
In den USA entwickelte die Firma "Still Film" zusammen mit der Projektorfirma "Picturol" ein eigenes Bildbandformat auf 55-mm-Film ohne Perforierung. Diese Bildbänder wurde bereits auf eine Spule gespannt gekauft und mit der Spule in den Projektor eingesetzt.
Auch die nach amerikanischem Patent hergestellten Bildbänder waren teilweise koloriert, wie dieses Beispiel des Bandes "Soviet Russia" von 1925 zeigt:
Die amerikanische Firma Tru-Vue stellte seit 1933 Stereo-Bildbänder her, die mit einem speziellen Betrachter gesehen werden konnten. Gerade bei touristischen Attraktionen wie den Nationalparks waren sie sehr beliebt und dienten als Reiseerinnerung. Da der geplante Projektor nie zu Serienreife gelangte, konnten Tru-Vues nur mit dem Betrachter angeschaut werden.
Lesen Sie hier Genaueres zur Herstellung, Bestellung und der Lieferung von Bildbändern aus der Film-Vertriebs-Gesellschaft Berlin (Beispiel von ca. 1935):
Bildbänder wurden bis in die 1980er Jahre zur Unterhaltung und als Lehrmittel eingesetzt. Besonders in den 1950er bis 1960er Jahren, als Fernsehen noch nicht in jedem Haushalt vorhanden war, warben Verlage mit Diaserien und Bildbändern für "Freude und Entspannung" in der ganzen Familie. Die Angebote umfassten kunsthistorische und touristische Themen ebenso wie Märchen und andere Kinderthemen.
Titelblatt eines Kataloges für Bildbänder der DDR-Firma "Elgo" aus dem Jahr 1955 Katalog der DDR-Firma "E.W.-Dia" für Bildbänder und gerahmte Dias aus den Jahren 1962 bis 1964 (pdf-Download)Viele Verlage fassten eine Auswahl ihrer schönsten Bildbänder in Themenschachteln zusammen. Hier ein Beispiel aus den 1950er Jahren der DDR:
Wer mehr über das Thema "Bildbänder" erfahren will, geht am besten auf diese Seite:
www.deutsches-bildbandarchiv.de
Ab den 1930er Jahren gab es das Kleinbild-Diapositiv auf Leica-Format, zum Teil auch hergestellt aus zerschnittenen Bildbändern. Agfa, Kodak und Filmosto warben mit einfach zu handhabenden Rähmchen, die das Selbstrahmen erlaubten. Nun war es möglich, mit der Leica-Kamera zu fotografieren, die fertigen Filme zu rahmen und dann zu projizieren - wenn möglich auch in Farbe. Eine neue Ära der Projektion hatte begonnen, di ein Deutschland besonders enthusiastisch beworben wurde. Nicht zuletzt stand hier das Farbdia auch im Dienst der Nationalsozialisten: im Militärischen Kunstschutz, oder bei dem großen "Führerauftrag" zur Fotografie von Wand- und Deckenmalereien. In der Propaganda wurde allerdings gern auf das noch billigere Bildband zurück gegriffen. Hier zwei gut erhaltene Farb-Kleinbilddias (Größe 5 x 5 cm) des kunstgeschichtlichen Seminars Hamburg, aus den 1940er Jahren:
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Farbdia des "Christophorus" - Verlags, 1943. | privates Farbdia (Prof. Kurt Wilhelm-Kästner), Sammelgruppe der Heeresmuseen, 1944. |
Nicht nur der Bildinhalt ist ein Zeitzeugnis. Das gesamte Dia ist historisch wertvoll: auf dem Rahmen finden sich Vermerke zu Verlagen, handschriftliche Eintragungen, die auf die Arbeit mit dem Medium verweisen und - falls die Handschrift zuortbar ist - die Arbeitsweise bestimmter Forscher rekonstruieren lassen: was sahen sie eigentlich, wenn sie ihre Abhandlungen schrieben? Oder manchmal auch, was sahen sie nicht, wenn sie sich nur auf ein vielleicht schwarzweißes Dia stützten, bei dem der Hintergrund herausretuschiert war.
Auch Dias neueren Datums können bereits historisch interessant sein, wie diese kleine Serie von 1971, die aus der Kindergartenpädagogik der DDR stammt und die technischen und baulichen Errungenschaften des Sozialismus feiert. Einige der Bauten bzw. Denkmäler stehen heute nicht mehr oder wurden stark verändert. Diaserien wie diese sind auch ideologische Vermittler, manchmal subtil, manchmal weniger subtil.
Manchmal ist auch gar nicht so sehr das Motiv wichtig, sondern das "Drumherum". Auf diesen Dias steht das Baptisterium in Florenz, ein Bau des 11. Jahrhunderts, unberührt, zeitlos, inmitten der sich wandelnden Gesellschaft:
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Schon sehr früh wurden natürlich auch von Privatleuten Dias fotografiert; von anspruchsvollen Amateuren sogar Stereodias, die mit einem speziellen Betrachter dann in "3-D" zu sehen waren. Die Firma des Filmpioniers Max Skladanowsky brachte als erste auch Stereoaufnahmen auf Bildbändern an.
Stereodia um 1925, Privataufnahme der Familie Napp
Werbung für einen Stereogucki mit Bildbändern
Großdiathek der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (Gesamtbestand von 25.000 Groß-Glasdias zu Themen der Kunstgeschichte und Archäologie)
LWL Medienzentrum Westfalen in Münster (historische Schulbildreihen)
Kunstgeschichtliches Seminar der Universität Hamburg (über 16.000 Glasdias online!) Zugang zur Datenbank mit Benutzername 'diasammlung' und Passwort 'diasammlung'